Siegfried Mureșan: Einsatz für Europa

Kulturelle Vielfalt als Antrieb für Kompromisse: Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Siegfried Mureșan setzt sich für höhere Budgets für Forschung, Austausch und Innovation in Europa ein – und gegen Korruption in seinem Heimatland Rumänien. Auf seinem Weg bestärkt hat ihn auch ein DAAD-Stipendium.

Siegfried Mureșan

Siegfried Mureșan hat an diesem Vormittag schon mit einem spanischen und einem niederländischen Abgeordneten verhandelt. Am Nachmittag trifft sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament mit Delegierten aus Moldawien. Enge internationale Zusammenarbeit ist nirgendwo so selbstverständlich wie im politischen Alltag in Brüssel und Straßburg.

Für Siegried Mureșan ist Vielfalt schon immer Teil seines Lebens. Geboren wurde er 1981 in Hunedoara in Rumänien – einem Land, das bis zum Sturz der kommunistischen Diktatur von der Welt abgeschirmt war und in dem es, wie Mureșan sich deutlich erinnert, nur zu Weihnachten Orangen gab. „Und doch hat mich meine Kindheit gut auf das Leben in Europa vorbereitet“, sagt er. Denn Siegfried Mureșan ist mit zwei Kulturen und Sprachen aufgewachsen: Seine Mutter gehört der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen in Rumänien an und ist katholisch, sein Vater ist Mitglied der rumänisch-orthodoxen Kirche. „Wir haben jedes Jahr zwei Mal Ostern gefeiert. Von klein auf war es für mich normal, Menschen anderer Religion oder Herkunft mit Offenheit und Toleranz zu begegnen“, erzählt er. „Ich schätze kulturelle Unterschiede. Das hilft mir heute, Kompromisse zu finden, die für alle Beteiligten gut sind.“

Als 19-Jähriger schrieb sich Mureșan an der Akademie für Wirtschaftsstudien in Bukarest ein. „Studienaufenthalte im Ausland waren damals noch die absolute Ausnahme“, sagt er. Doch je näher der für 2007 geplante EU-Beitritt rückte, desto stärker breitete sich in Rumänien Aufbruchsstimmung aus und desto mehr Studierende gingen an Hochschulen in EU-Staaten.

Nach seinem Diplomabschluss 2004 bewarb sich Mureșan erfolgreich für den Masterstudiengang „Ökonomie und Management“ an der Humboldt-Universität zu Berlin und erhielt ein DAAD-Stipendium. „Ich habe sehr gern in Berlin gelebt, die Internationalität und das intensive kulturelle Leben der Stadt waren für mich etwas Neues.“ Nach dem Masterabschluss 2006 wurde Siegfried Mureșan in das Internationale Praktikantenprogramm des Bundestages aufgenommen und arbeitete anschließend für den Vorsitzenden des Europa-Ausschusses. „Diese Zeit war für mich eine sehr wertvolle Lernphase, mein Interesse für Europapolitik wurde immer größer“, erzählt er.

2009 wechselte er als Mitarbeiter zum Europäischen Parlament – und entschloss sich schließlich, bei der Europawahl im Mai 2014 selbst anzutreten. Gleich nach seiner Wahl wurde er stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Als Verhandlungsführer der EVP-Fraktion für den EU-Haushalt 2018 erreichte er unter anderem, dass die Budgets für das EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ sowie des Austausch- und Bildungsprogramms Erasmus+ erhöht wurden. Auch in den aktuellen Haushaltsverhandlungen stehen für den Abgeordneten der Nationalen Liberalen Partei Rumäniens die Themen Modernisierung, Digitalisierung, Forschung und Innovation im Fokus.

Die Bekämpfung von Korruption in Rumänien ist ihm ein Herzensanliegen, 2017 und 2018 beteiligte er sich an den Großdemonstrationen gegen das Vorhaben der damaligen Regierung, Amtsmissbrauch zu entkriminalisieren. „Viele Demonstrierende haben mit EU-Flaggen protestiert“, sagt er. „Daran zeigt sich, wie groß die Zustimmung zur EU in Rumänien auch heute noch ist.“

Im Alltag ist Siegfried Mureșan viel unterwegs zwischen Brüssel, Straßburg und Bukarest, seine Ehefrau arbeitet als Expertin für Betrugsbekämpfung bei der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. „Brüssel ist auch außerhalb der EU-Institutionen eine sehr vielfältige, interessante Stadt“, sagt der Abgeordnete. „Diese Vielfalt würden wir gern stärker erleben – aber dafür fehlt meistens die Zeit.“

Autorin: Miriam Hoffmeyer, 14. Oktober 2020

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